Wednesday, June 03, 2009

PartnerInnen schwuler Männer

Partnerinnen schwuler Männer sind Schattengestalten; es gibt für sie fast kaum Beratungsstellen.

Der folgende Text ist nicht gegen Homosexuelle gerichtet. Das Gegenteil ist der Fall. Er ist ein eindeutiges Plädoyer für eine weltoffene Gesellschaft, in der Männer und Frauen sich nicht dazu gezwungen fühlen dürfen, ihre sexuellen Neigungen und Vorlieben geheim zu halten. Der Schwerpunkt dieses Artikels liegt auf der Erfahrungswelt von Partnerinnen schwuler Männer und verkörpert ein Plädoyer für spezialisierte Beratungsstellen und den Aufbau von D.Y.I Netzwerken.
Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass es Frauen, nicht nur in islamischen Gesellschaften gibt, die jahrzehntelang mit Schwulen verheiratet sind. Solange das auf freiwilliger Basis passiert und die Karten, von Anfang an, offen auf den Tisch gelegt werden, ist daran wenig auszusetzen. Liebe muss weder immer Ausschließlichkeit noch regelmäßigen und guten Sex bedeuten. Auch ein Schwuler kann der „Richtige“ sein, solange man sich gemeinsam wohl fühlt. Dieser Artikel möchte aber auf etwas Anderes heraus. Zweifelsohne gibt es im deutschsprachigen Raum viele Geoutete, die im Licht der Öffentlichkeit stehen und ein hohes gesellschaftliches Ansehen genießen. Dennoch ist es, bei Weitem, keine Selbstverständlichkeit, dass Homosexuelle in Deutschland zu sich stehen können. Berliner Zeitung
Darüber hinaus zeigen viele E- Mails, die man nach gut begründeter Anmeldung bei einem deutsch- schweizerischen Yahoogroup erhält, dass es ein sich hartnäckig haltende Mythos ist, dass Frauen die Homosexualität ihrer Männer feststellen. Dazu nur eines von unzähligen Beispielen, die Frau brühwarm serviert bekommt „Wir sind ein getrenntes Paar, nach 23 Jahren Beisammensein, mit
gleichen Wertvorstellungen und Interessen. Nun steht ein Mann zwischen uns
und ich bin, nach wie vor, schwer verletzt und enttäuscht.“ Was im Öffentlichen Bewusstsein, und das ist der immer wieder kehrende Subtext in den Mails, nicht vorhanden ist: 1. Lebenslügen können auch die Partnerinnen psychisch schwer belasten. 2. Viele Schwule wollen nicht grundsätzlich nur mit Männern schlafen. 3. Viele wollen Väter eigener Kinder sein. 3. Homosexualität definiert sich nicht dadurch, das sie/er sich ausschließlich vom eignen Geschlecht angezogen fühlt. 4 Homosexuelle, sind je nach Lebensisituation, einem enormen gesellschaftlichen Druck ausgesetzt. 5. Schwule wollen oft dem Bild einer gutbürgerlichen Familie gerecht werden. 6. Es kann Jahre, wenn nicht sogar ein Leben lang dauern, bis Homosexuelle offen über sich sprechen können.
Umso verständlicher ist es, wenn das Outing endlos heraus gezögert wird.
„Jetzt ist es endlich raus. Endlich weiß ich klar, woran ich bin, weil
mein Mann es endlich geschafft hat, es mir klar zu sagen: dass
er seine Zukunft mit seinem Freund sieht. Aber wir sind uns auch klar
darüber, dass wir unsere 30 Jahre nicht einfach wegwerfen wollen“. 30 Jahre sind eine verdammte lange, schwer überschaubare, kaum planbare Zeit. Wenn man 20 ist, dann kann man sich nicht vorstellen, wie es wäre 50 zu sein. Zu viele Entscheidungen sind noch nicht getroffen worden, eine große Menge Erfahrungen, die einem im Berufs und Familienleben bevorstehen, hat man noch nicht gesammelt. Wenn man 50 ist, mag man sich an seine persönlichen „Frühling“ kaum mehr erinnern und die Perspektive auf die eigene Lebensdauer hat sich verändert. Lebensjahre erscheinen immer kürzer werdend.
Was die scheinbar unaufhörliche Geheimniskrämerei für Partnerinnen bedeuten kann, zeigen folgende E- Mails: „Meine Haupt Krankheit -- sprich SUCHT -- ist die Co- Abhängigkeit. Diese ergibt sich aus die Spirale von Verheimlichungen,
Verleugnungen, Verdrängungen, aus der Luft gegriffenen Hoffnungen,
herunter gespielte Enttäuschungen.“ Die psychische Belastung entsteht oft durch die Tabuisierung sexueller Neigungen. Wie groß muss die Enttäuschung sein, nach der Feststellung, dass Mensch einen essentiellen Persönlichkeitsanteil verheimlicht wurde? „Interessant fand ich nur im Nachhinein, dass er jetzt erst zugeben kann, dass er eigentlich immer mehr Spaß am Sex mit Männern hatte (obwohl unser Sexleben auch sehr gut war). Die ganzen letzten 2 Jahre hatte er bisher immer Stein und Bein geschworen, dass er mir mit glücklich werden will.“ Was für ungeahnte Geschichten treten da noch zu Tage, die während der Beziehung passierten, wenn man nur lange genug bohrt? Kenne ich meinen Mann überhaupt? In welchen Kreisen verkehrte er, von denen ich nichts wusste? Betroffenen trauen sich manchmal, über die Dauer von Monaten und Jahren, nicht darüber zu sprechen, weil sie emotional in „Wenn Du mich liebst, dann behältst Du das für Dich“ Manier erpresst werden. Das passiert meistens dann, wenn der Partner Alles haben will: 1) außereheliche Liebeleien mit Männern 2) kein offizielles Outing 3) eiserner Familienzusammenhalt. Viele Partnerinnen versuchen sich, aus Selbstlosigkeit, Freudnschaft oder aus finanzieller Not, in das Korsett ihrer Rolle, zu zwängen. Besonders Frauen, die aufgrund ihrer Unwissendheit ihre Familien- und Lebensplanung von einem Mann abhängig gemacht haben, werden selbst von einem gewollten Outing schwer getroffen. Die Frauen müssen sich nicht „nur“ um, wie andere Exgemahlinnen, familienrechtliche Angelegenheit kümmern und den Kindern vermitteln was passiert ist; sie müssen eventuell auch damit klar kommen, dass sie möglicherweise von Anbeginn an nur zweite Wahl waren und in erster Linie wegen ihrer Gebärfähigkeit ausgewählt wurden. “Doch all die Jahre, bevor ich es wusste, habe ich mich einsam gefühlt und ungeliebt. Ich wusste nicht warum.“ , schreibt beispielsweise ein Heteramitglied.


Als weiterer belastender Faktor kommt hinzu, dass das berufliche und soziale Umfeld oft unberechenbar reagiert. In vielen Fällen wird die „Schuld“, auf eine ketzerische und verurteilende Art und Weise, den Partnerinnen zugeschrieben. Obendrein werden sie, nicht selten, isoliert. Viele Betroffene schreiben, dass ihr privates Umfeld eine Erklärung einfordert. Sie sollen, so absurd, entwürdigend und perfide das für weltoffene Leser auch sein mag, Rede und Antwort stehen.
Die dünn gesäte Literatur an sich ist das kleinere Problem, es fehlt an kompetenter Hilfe. Die klare Mehrzahl der Bücher befasst sich, nach Einschätzung der Frauen aus dem Deutsch- Schweizerischen Forum, mit dem Erleben der Männer und ihren Erfahrungen vor und nach einem Outing. Selbst sehr gut recherchierte Ratgeber können ohnehin nicht das leisten, was eine professionelle Hilfe bieten könnte: eine individuelle, auf die finanzielle und familiäre, und persönliche Situation zugeschnitten Lösung. Eine Beratungsstelle ausfindig zu machen, gestaltet sich wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. So in etwa erging es einer Frau, in Baden- Württemberg, bei der Suche nach einer kompetenten Beratungsstelle außerhalb Stuttgarts. : „Wo soll man Rat suchen?…Im ländlichen Raum gibt es Gruppen für die geoutet Männer, aber die Partnerinnen, die sich in einem Lebensumbruch befinden, gehen leer aus.“ Ähnliche Erfahrungen sammelte das Gros der Frauen, die sich in den Verteiler eingetragen haben und, die nicht selten mindestens eine „landesweite“ voneinander entfernt wohnen. Nicht umsonst melden sie sich in einem, eigentlich sehr unpersönlich gehaltenen, E-Mailverteiler, in dem viele Betroffene noch nicht einmal ihren Namen veröffentlichen, an.
Zusammenfassend muss festgehalten werden: Beratungsstellen für Partnerinnen schwuler Männer sind eine zwingende Notwendigkeit für Frauen, die über viele Jahre hinweg wegen der Tabuisierung emotional schwer belastet wurden, die sich nicht lösen konnten, die lange Zeit emotional erpresst wurden, und die wiederkehrend soziale Ausgrenzung erfahren musste. Grundsätzlich besteht ein Bedarf für Menschen, die dringend spezialisierte Hilfe in Anspruche nehme wollen.

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